Heute geht es um ein etwas persönlicheres Thema: Studienerfahrungen. Da immer mal wieder Fragen dazu aufkommen, was ich eigentlich studiere, was man später mal damit machen kann und wie man dazu kommt, gibt es heute einen Einblick in meine Studienerfahrungen – quasi ein kleiner Gesamteindruck nach zwei Semestern Studium.
Vorweg: Für mich stand immer fest, dass ich studieren möchte. Ich mag das „Uni-Feeling“, ich lerne gerne und habe einige Themenbereiche, die ich besonders interessant finde. Allerdings habe ich erst nach dem Schulabschluss festgestellt, dass ich auch gern praktische Erfahrung sammeln würde – nachdem ich an der Goethe-Universität in Frankfurt für das Studienfach Jura angenommen wurde. Da begann meine etwas abenteuerliche Odyssee durch deutsche Hochschulen. Aber die Wurzel lag eigentlich woanders.
Manchmal muss man auch danebengreifen
Mit einem Abischnitt von 1,4 hatte ich relativ frei Wahl, wenn es um einen Studienplatz ging. Warum ich mich zunächst für Jura entschied, ist schnell erzählt: Ursprünglich bewarb ich mich beim Carlsen Verlag und der HSBA Hamburg für ein duales Studium, wurde aber leider nicht angenommen. Also hieß es: umschwenken. Und da ich im Ethikunterricht, der bei uns schon sehr in Richtung Philosophie ging, vor allem Rechtstheorien spannend fand, habe ich es mit Jura probiert. Und nach zwei Wochen wurde mir klar: Ich muss hier weg! Trotzdem habe ich tapfer zwei Semester durchgehalten und erst dann mein Studium der Rechtswissenschaften abgebrochen, als ich die feste Zusage einer weiteren Hochschule hatte. In der Zeit habe ich als Kellnerin in einem kleinen Restaurant gejobbt – und gemerkt, dass ich auch praktische Arbeit liebe. Demnach war meine neue Wahl doch eigentlich genau das richtige, oder?
Denn im Oktober 2016 hieß es dann für mich: Koffer packen, das neue Heim in Leipzig beziehen und mich wieder in den Studienalltag stürzen. An der HTWK, der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig, studiere ich seit dem letzten Wintersemester Buchhandel und Verlagswirtschaft, bin folglich gerade im Übergang vom zweiten zum dritten Semester. Aber was genau lernt man in einem solchen Fach? Ist das überhaupt zu etwas gut?
Klassenzimmer-Feeling statt Audimax
Unser erstes Semester startete mit 40 Studenten – ein krasser Kontrast für mich, die in Frankfurt Hörsäle mit 500 angehenden Juristen gewohnt war. Manchmal hat der Platz in unserem Hörsaal nicht gereicht und wir mussten zum Audimax mit 1000 Plätzen aufstocken. Das passiert an der HTWK eher selten, im Lipsius-Bau, der für die meisten unserer Stunden vorgesehen ist, ähneln die Räume eher kleinen Klassenzimmern, wie man sie aus der Schule kennt. Mit dem Unterschied, dass die meisten Professoren hier mit PowerPoint arbeiten anstatt mit der guten alten Tafel und auch unsere Computerräume klasse ausgestattet sind.
Also fing das Semester in dieser verhältnismäßig kleinen Gruppe zunächst mit Einführungsveranstaltungen an, bei denen man neben den Mentoren, die die Neuankömmlinge mit der Hochschule vertraut machen, auch die ersten Professoren kennenlernt. Sie sind die wichtigsten Dozenten für unser Fach. Die Professoren Biesalski, Hartmann und Dieckmann werdet ihr, solltet ihr euch ebenfalls zu einem Studium in diesem Bereich entschließen, ziemlich oft sehen. Sie leiten auch drei unserer vier Schwerpunkte, zu denen ich noch komme, und sind, ebenfalls ein sehr großer Kontrast zu meinen Dozenten im Frankfurt, nah an den Studenten dran, beraten uns in allen Lebenslagen und kümmern sich auch darum, wenn sich jemand von anderen unfair behandelt fühlt oder es sonstigen Unmut im Studiengang gibt.
Lernen um des Lernens willen
Nach den Einführungsveranstaltungen geht dann der Ernst des Lernens richtig los. Nach sechs Fachsemestern haben wir theoretisch unseren Bachelor – die muss man aber erst überstehen. Im ersten Semester erwartet euch eine Vielzahl an Fächern, die euch zunächst sicher etwas willkürlich zusammengewürfelt erscheint. In der Studienordnung findet ihr ausführliche Beschreibungen, hier reiße ich Sinn und Zweck der Module nur kurz an.
Meine größte Befürchtung, als ich meinen Stundenplan, den wir von der Hochschule zentral gestellt bekommen, gesehen habe: Oh je, Mathe! Ja, im Lauf der Zeit musste ich einsehen, dass das Wörtchen „Wirtschaft“ nicht umsonst im Namen des Studienfachs steht. Aber zu meinem Erstaunen sind die wirtschaftlichen Fächer bisher gar nicht allzu schlimm. Vor Wirtschaftsmathematik und Statistik hatte ich wohl die größte Sorge, da ich nicht besonders gut bin, was den Umgang mit konkreten Zahlen betrifft. Wirtschaftstheorie? Klar, her damit! Aber rechnen? Das konnte ja nur schiefgehen! Ist es aber nicht, denn unsere Dozentin war sehr darauf bedacht, dass jeder mitkommt, auch wenn man nicht den Vorkurs Mathe belegen konnte. Tutorien hatten wir dafür leider keins, aber dafür einige Wiederholungsstunden vor der Klausur, sodass auch ich, der kleine Mathe-Loser sagen konnte: Bestanden! Vor BWL hatte ich auch etwas Angst, aber da man in dem Fach auch schon während des Semester einen kurzen Gruppenvortrag halten und damit in der Klausur gewisse Aufgabenteile ersetzen darf, war das ein Klacks – und meine beste Note in dem Semester. Im zweiten Semester gibt es, als Ergänzung dazu, auch Marketing, Buchführung und VWL.
Mündlich wurden wir in der Einführung in Buchhandel und Verlag geprüft, vom Duo Professor Biesalski und Professor Hartmann. Die zwei haben ihren Unterricht jedes Mal so interessant gestaltet, uns so richtig in die Buchbranche eingeführt, Prozesse dieser erläutert und einen Rundumüberblick gegeben, dass ich nach ihrem Unterricht immer mit einem guten Gefühl rausging. Mit Fieber und Kopfweh habe ich mich dann am Prüfungstag zu den 20 Minuten geschleppt, die sie mich ausfragen durften, und trotz meiner Kondition eine richtig faire, annehmbare Note bekommen. Als ersten Prüfling und damit Versuchskaninchen für meine Kommilitonen, die mich danach ausfragen konnten, wie es so abläuft, haben mich die Professoren auch beruhigt und mir Mut zugesprochen, wenn ich mal bei einer Frage ins Stocken kam oder zu schnell zu viel loswerden wollte.
Multimedia und Bilderfassung/Bildbearbeitung ergänzen die Wissensfächer um technische Anwendungen und stützen die Seite des Elektronischen Publizierens, die sich durch das gesamte Studium zieht. Darauf bauen später Fächer wie Informations- und Netzwerktechnik oder Konzeption von Elektronischen/Social-Media Publikationen auf. In letzterem gibt es auch den Blog Verlage der Zukunft, den wir im zweiten Semester betreut haben. Bildbearbeitung gehörte aber zu meinen absoluten Lieblingsfächern, da wir dort mit Photoshop herumexperimentieren durften. Viel Neues habe ich da zwar nicht gelernt, da ich mir schon seit Jahren eigenes Wissen in dem Bereich aneigne und das noch eher etwas für Einsteiger war, aber ich mochte es sehr gern, dass wir dort praktische Anwendungen, auch im Fotografieren, mit Theorie verbunden haben und ich so viel besser nachvollziehen kann, wie zum Beispiel Bildfehler entstehen, Kameras & Scanner funktionieren und was ein gutes Bild ausmacht.
Der letzte Kurs des ersten Semesters war schließlich Wissenschaftskompetenz, was nicht direkt etwas mit unserem Fach zu tun hat. Hier ging es um eine Vielzahl an Dingen, die aber alle einen Kern hatten: Wir sollten lernen, richtig zu lernen. Anhand von Beispielen wie Unterschiede in Pressetexten, PR oder Werbung, dem richtigen Schreiben von Bewerbungen, fachlich richtiges Verfassen von studentischen Arbeiten, wurden wir langsam daran herangeführt, unsere erste Hausarbeit zu schreiben – eine sehr gute Einführung, die dazu dient, uns erstmal mit den Formalia auf interessante Weise bekannt zu machen.
Alles eitel Sonnenschein?
Natürlich ist nicht alles so eitel Sonnenschein, wie es sich sich anhören bzw. lesen mag. In einigen Fächern hatte ich anfangs wirklich das Gefühl, komplett ins kalte Wasser geschmissen zu werden – habe es eigentlich immer noch. Meine Klausur in Buchführung im zweiten Semester habe ich jetzt um ein Jahr geschoben, sonst hätte ich das Pensum nicht gepackt. In dem Kurs bin ich gar nicht hinterhergekommen, dafür fehlt mir wieder das Zahlenverständnis, das ich mir jetzt aber bis zum nächsten Jahr selbst aneignen will.
Generell ist auch ein großer Teil unseres Studiums auf das Selbststudium ausgelegt, Vor- und Nacharbeiten der Stunden ist sehr sinnvoll und kann jedem Studenten den Kopf und die Note retten. Die Hochschulbibliothek ist für den Zweck gut gerüstet, wer mehr Informationen braucht, kann sich aber auch glücklich schätzen, in Leipzig zu studieren – immerhin haben wir noch die wundervolle Albertina und die Deutsche Nationalbibliothek in der Stadt. Stoff gibt es also genug.
Spezialisierung, Praxis und: Was werd‘ ich eigentlich?
Am Ende des ersten Semesters stand schließlich ein wichtiger Punkt für uns Studenten an. Wie bereits erwähnt, gibt es eine Spezialisierung innerhalb des Fachs, somit hat man ab dem zweiten Semester Sonderstunden im Bereich Kommunikations-, Veranstaltungs-, Presse-, oder Buchhandelsmanagement. Ich wollte zwar gern mehr über das Managen von Veranstaltungen erfahren, aber da ich Messen immer noch lieber als Besucher, Blogger oder später mal als Verlagsmitarbeiter betrete, wollte ich mir nicht „die Freude daran nehmen“, indem ich in Veranstaltungsmanagement besuche. Da ich auch sehr an Marketing interessiert bin, fiel meine Wahl schließlich auf Kommunikationsmanagement unter der Leitung von Professor Hartmann.
In diesem Spezialmodul stellen wir in unserem dritten Fachsemester zu zehnt den Kleinverlegertag auf die Beine – ein Event im November, bei dem in der Regel vier Verleger von Kleinverlagen eingeladen werden, um vor Publikum mit uns als Moderatoren zu einem bestimmten Thema zu referieren. Dafür beginnen die Vorbereitungen natürlich sehr früh, immerhin müssen wir Unterkünfte buchen, Werbemittel gestalten, die Verleger auf der Frankfurter Buchmesse kennenlernen, Finanzierungsmöglichkeiten finden, Thema und Content absprechen, uns mit dem Börsenverein des deutschen Buchhandels beraten, und und und … Ihr seht, es ist ein ziemlich großer Aufwand, der sich am Ende aber immer lohnt. Wir finden (manche zum ersten Mal!) Kontakte in der Branche, haben die Möglichkeit, Messen zu besuchen und direkt Ansprechpartner zu haben, bauen unser Netzwerk auf und tragen Verantwortung. Natürlich gibt es kleine Starthilfen unseres Dozenten, aber es ist trotzdem unser Projekt, der Erfolg oder das Scheitern hängt von uns ab. Wir gehen alle mit Aufregung und Neugier an die Sache ran, planen selbstständig, überwinden Hürden und hoffen, dass wir auch diesen November ein interessantes und für alle Seiten befriedigendes Event auf die Beine stellen.
An Praxiserfahrung mangelt es in diesem Schwerpunkt also nicht, denn hinzukommen noch die von uns organisierten Alumni-Treffen auf der FBM und LBM, das Alumni-Frühstück im Januar, bei dem zwei Absolventen des Studiengangs uns in gemütlicher Atmosphäre etwas über ihre Arbeit nach dem Studiengang erzählen, weitere Projekte, an denen wir mit unserem Dozenten arbeiten und auch viel Erfahrungswissen, das wir dadurch sammeln. Wer wissen möchte, was wir nebenher auch in der Theorie lernen, wirft am besten ebenfalls einen Blick in die oben verlinkte Studienordnung oder kommt am Hochschulinformationstag vorbei, an dem wir vom Schwerpunkt KomMa auch zum Großteil den Stand unseres Studiengangs organisieren und diesen betreuen.
Unabhängig davon wartet dann aber das fünfte Semester mit der größten Praxiserfahrung für uns auf. In diesem Zeitraum absolvieren wir unser Praktikum in der Branche – eine Aufgabe, auf die ich schon jetzt sehr gespannt bin. Mich wird es wohl in Richtung Marketingabteilung oder Lektorat von Kinder- und Jugendbuchverlagen ziehen, und ich hoffe sehr, dass meine Stellensuche im Herbst erfolgreich ist. Mit diesem Wunsch bin ich in unserem Studiengang teilweise ein kleiner Sonderfall, denn wir werden eher in Richtung Marketing und Vertrieb ausgebildet, wenn wir in einen Verlag wollen, als ins Lektorat gedrängt. Trotzdem ist es nicht unmöglich und wir haben auch einige Professoren, die schon solche Stellen bekleidet haben, demnach ist auch da die Bereitschaft, uns zu helfen, groß.
Und was wäre nun mein Traumberuf? Nun, erst einmal natürlich nichts, was übermäßig viele Zahlen betrifft. Natürlich ist das immer mit einem Augenzwinkern zu lesen. Ja, am allerliebsten wäre ich Lektorin im Bereich Kinder- oder Jugendbuch. Oetinger, Ravensburger, Thienemann oder Carlsen wären ein absoluter Traum – ich glaube, ich würde mich in jedem Verlag wohlfühlen, wenn ich mit Texten und Autoren, einem leidenschaftlichen Team und im Einklang mit vielen Abteilungen arbeiten dürfte. Denn der Arbeitsalltag eines Lektors besteht natürlich nicht nur aus Lesen, sondern hat so viele unterschiedliche Facetten, die alle zusammenspielen, um am Ende einen zufriedenen Autor, zufriedenen Verlag und zufriedene Leser zu haben. Das wünsche ich mir – diese Zufriedenheit im Beruf, wenn ich ein Buch in der Hand halte, dessen Weg ich vom Rohmanuskript bis zur fertigen Ausgabe begleitet habe.
Erzählt es mir: Was sind eure Wünsche?
Nun habe ich erzählt und erzählt – jetzt will ich zuhören! Erzählt mir von euren Wünschen für die Zukunft, ganz egal ob beruflich, lerntechnisch oder ganz gemütlich. Wie stellt ihr euch euer Leben in fünf, zehn oder zwanzig Jahren vor? Was erwartet ihr, was sind eure Befürchtungen? Ich bin sehr gespannt auf eure Meinung und hoffe natürlich, dass ihr durch diesen kleinen Einblick in meinen persönlichen Weg seht, dass man sich auch mal trauen muss, sich Fehler einzugestehen, wenn man vorankommen möchte. Wäre denn mein Studiengang etwas für euch? Habt ihr etwas Interessantes daran entdeckt oder habt ihr noch Fragen? Immer raus damit!
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