Elizabeth sieht keine andere Chance – als Gräfin der Hocharistokratie Osfrids ist sie schon lange verarmt, unter der Anleitung ihrer Großmutter soll sie einen Mann ohne jegliche Vorzüge heiraten. Doch als ihre Zofe ein Angebot vom ominösen „Goldenen Hof“ erhält, wittert Elizabeth ihre Chance. Aus ihr wird Adelaide – ein ganz und gar gewöhnliches Mädchen, das mit anderen in die neue Welt verschifft werden soll, um dort nach einem Ehemann Ausschau zu halten. Doch auf sie warten mehr dunkle Abgründe, als Gold aufwiegen kann …
Schöne Verpackung – enttäuschte Erwartungen. Aber auf voller Linie. Selbst nach einer Nacht drüber schlafen, komme ich nicht darüber hinweg, wie viel ich mir von diesem Buch versprochen habe und wie tief meine Hoffnungen zertrümmert wurden. Nach „Vampire Academy“ von Richelle Mead, was ich förmlich verschlungen habe, war ich mir sicher, dass „The Promise – Der goldene Hof“ genau für mich gemacht ist. Schließlich mag ich diese Geschichten von Prunk und Protz, von Mädchen, die ihren Weg suchen und dabei auch in höhere Kreise eingeführt werden. Aber das hier? Ich wünschte, ich hätte es nicht gelesen.
Es gibt genau zwei Punkte, die ich an diesem Buch loben kann: Das Cover und Meads Schreibstil. Ich kam flüssig durch die Seiten, deren Einband mir viel besser gefällt als die englische Variante, die ich auch noch zu Hause habe. Und die Sprache ist größtenteils angemessen für das Publikum, das das Buch anspricht. Aber das wars auch schon an positiven Gesichtspunkten. Danach ging es nämlich bergab.
Mein größter Kritikpunkt an der gesamten Geschichte ist wohl die Geschichte selbst. Denn gegen Ende hin habe ich mir wirklich bei jeder einzelnen Wendung der Ereignisse stöhnend die Hand vor die Augen geschlagen, weil ich dachte, schlimmer könnte es doch nicht mehr kommen. Richelle Mead baut anfangs zwar eine recht solide Story auf, die mich auch gefesselt hat, aber spätestens ab der Mitte des Buchs war einfach viel zu wenig Elan dahinter. Zu viele Storylines, zu viele Stränge, die am Ende zwar zusammengeführt werden – aber das auf eine Weise, die ich niemals so erwartet hätte. Es wirkt übermäßig strapaziert und konstruiert, ein Gefühl, das ich beim Lesen von „Vampire Academy“ nie hatte. Die Autorin kann es besser, aber in „The Promise“ war das Verhältnis zwischen aufgeworfenen Problemen und „alles geht doch noch gut aus“ so drastisch überkandidelt, dass ich es einfach nicht mehr ernst nehmen konnte.
Dazu kommen Charaktere, die stumpf wie Brot sind. Adelaide ist perfekt in dem, was sie tut. Perfekte Manieren, perfekte Erziehung einer Adeligen. Ihr größtes Problem besteht darin, dass sie ihre Freiheit will. Deshalb heiratet sie zu Hause in Osfrid nicht, um ihrer Familie das nötige Geld zu sichern – sondern lässt sich einmal quer über den Ozean karren, um dort für Geld zu heiraten, mit dem sie als „Ware“ abgestempelt und verkauft wird. Und alle halten das für ganz toll. Ja, ich irgendwie nicht. Adelaides Freiheitsdrang hatte die Durchschlagskraft eines stumpfen Nagels. Aus Plastik. Mit Glitzer und abgebrochener Spitze. Und es tat mir so, so weh im Herzen. Denn auch hier muss ich sagen: Das von der Autorin, die uns Rose Hathaway, den Inbegriff von Badass und „Macht Platz, hier kommt der coolste Buchcharakter ever!“ gegeben hat?!
Aber damit ist die Quälerei noch nicht zu Ende, denn die Liebesgeschichte war ein Witz. Ich kann es einfach nicht anders beschreiben – sie wirkte ebenso konstruiert wie die restliche Handlung, der Love-Interest hatte in meinen Augen keine Anziehungskraft, abgesehen davon, dass Adelaide schon beim ersten Blick sein gutes Äußeres auffällt. Noch dazu hat er sich oft so dämlich angestellt, dass ich mich gefragt habe, wieso man ihn wegen seines Geheimnisses nicht schon längst entlarvt und hingerichtet hat. Und ich muss es noch mal aufbringen: Das von der Autorin, die uns Romitri, das Ship aller Ships gegeben hat?!
„Dennoch sind es Gesetzlose! Und dass unter ihnen auch Frauen sind … mit Säbeln! Was soll aus der Welt werden, wenn so etwas Schule macht?“
„In der Tat“, sagte Nicholas todernst. „Wenn die Frauen sich jetzt selbst verteidigen, wozu brauchen sie uns dann noch?“
The Promise, Richelle Mead, Pos. 3844
Nein, das ist keine Übertreibung, aber: Das war so ziemlich die einzige Stelle, an der sich jemand für Frauen ausgesprochen hat. Frauen, die stark sind, unabhängig von ihrem Titel oder dem Geld, das sie besitzen. Frauen, die über sich selbst bestimmen können. Doch die ganze Piratensache tauchte nur dann auf, wenn sie günstig für Adelaides Schicksal war, kam aus dem Nichts und verpuffte danach wieder in der Versenkung. Ebenso wie die Geheimnisse von Mira und Tamsin, Adelaides besten Freundinnen, die ich gerne noch erfahren hätte, die der Dramaturgie halber aber nicht aufgedeckt und somit in Band zwei und drei verschoben wurden. Ich könnte heulen.
Religiöser Fanatismus und Verfolgung, der Aufbruch in eine neue Welt, was dem Einnehmen von Amerika und der Vertreibung der Native Americans nachempfunden ist, Rassismus, Glaubenskriege, Sexismus, Entmündigung – hier wurde zu viel versucht und alles nur so lapidar behandelt. Klar kann man Problemthemen auch in Jugendbüchern aufgreifen, aber bitte mit der nötigen Sensibilität und nicht alles auf einmal! Sonst artet das in einem Storykonstrukt wie hier aus, das von vorne bis hinten nicht stimmig ist.
Dementsprechend ernüchtert bin ich nach dieser Lektüre und muss ernsthaft überlegen, ob die Geheimnisse, die mich wirklich noch interessieren, die Anschaffung der Folgebände wert sind. Der erste ist bei mir nämlich – trotz aller Liebe zu Richelle Mead, die schon mal gezeigt hat, dass sie es besser kann – einfach durchgefallen. Schöner Schein, aber nichts Richtiges dahinter – ebenso wie der Goldene Hof.

© One, Köln
Autor: Richelle Mead
Titel: The Promise – Der goldene Hof
Preis: 18,00€ (HC) | 13,99€ (E-Book)
ISBN: 978-3-8466-0050-4
Verlag: One
Das Buch beim Verlag findet ihr hier: (X)
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