An einem warmen Oktobertag stirbt Bens Mutter – und lässt ihn allein mit seinem Vater, seiner Tante und seinem Bruder Krümel zurück. Und mit einer Welt, in die Ben plötzlich nicht mehr reinzupassen scheint, in der Trauer so anders funktioniert, als er sie spürt. Während Ben zwischen den Erinnerungen an seine Mutter und seinem Leben feststeckt, wird ihm klar, dass der Weg der Trauer steiniger ist als jeder andere …
“Der große schwarze Vogel” ist so ein typisches Buch, das ich fast nicht zur Hand genommen hätte, weil es eigentlich nicht zu meinem typischen Lesestil passt. Aber das Cover und die Beschreibung haben mich schließlich doch genügend gelockt, um mir anzusehen, was es wohl damit auf sich hat. Und ich bin sehr froh darüber, sonst hätte ich ein Buch verpasst, das mich wirklich tief berühren konnte.
Stefanie Höfler schreibt in “Der große schwarze Vogel” über die Trauer, den Verlust und deren unterschiedliche Arten der Bewältigung. Mich hat dieses Thema vor allem durch die Sichtweise Bens berührt, der zum Todeszeitpunkt seiner Mutter selbst erst an der Schwelle zur Pubertät steht. Eigentlich bräuchte er gerade beide Elternteile, die ihm erklären, was los ist, wieso sich die Welt für ihn verändert. Doch seine Mutter kann es nicht mehr und sein Vater zerbricht an ihrem Tod. So wird Ben unweigerlich zum Beschützer seines kleinen Bruders Krümel, während er selbst nach einem Halt sucht.
Was mir hier sehr gut gefallen hat, waren die verschiedenen Perspektiven der Zeit, die genutzt wurden. Immer wieder gibt es Flashbacks zu der Zeit, in der Bens Mutter noch lebte. Das zeigt auch auf, wie sehr man dazu neigt, Menschen nach ihrem Tod zu glorifizieren – denn ein Engel war sie nicht unbedingt. Aber das macht den Zustand des Vermissens nicht einfacher, und diesen inneren Zwiespalt fand ich extrem gut rausgearbeitet. Auch das junge Mädchen aus seiner Klasse, das Ben aufzeigt, dass der Tod überall herrscht und viele Facetten haben kann, war gut eingebracht und man konnte sich mit allen Charakteren überraschend schnell identifizieren.
Stefanie Höflers Schreibstil ist einfach und präzise, transportiert aber dadurch genau die richtigen, rohen Gefühle, die ich mit dem Tod und der Trauer verbinde. Man kann auf jeden Fall gut mitfühlen und verstehen, was Ben durchmacht, was seine ganze Familie zum Leiden bringt – und wie unterschiedlich sie damit umgehen. Auch die Lebensfreude, die dennoch da hindurchstrahlt, war für meinen Geschmack gut eingesetzt und hat dem Buch Realitätsnähe gegeben.
Alles in allem war “Der große schwarze Vogel” ein Buch, das mich tief bewegt und zum Nachdenken angeregt hat. Trauer und Verlust muss jeder mal durchstehen – die Frage ist nur, wie man damit umgeht. Bens Geschichte war daher sehr interessant zu lesen und ich kann sie auch jüngeren Lesern ab 12 Jahren empfehlen.

© Beltz & Gelberg, Weinheim
Autor: Stefanie Höfler
Titel: Der große schwarze Vogel
Preis: 12,99€ (E-Book) | 13,95€ (HC)
ISBN:
Verlag: Beltz & Gelberg
Das Buch beim Verlag findet ihr hier: (X)
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