Mit ihrer aggressiven Mutter hat es Brenda nicht leicht. Ihre schnellen Stimmungswechsel sind für das junge Mädchen nicht leicht zu ertragen, da sie am meisten darunter zu leiden hat. Trotzdem sorgt sie so gut wie möglich für ihre Mutter und wird selbst zu einer kleinen Mama. Doch als ihr neuer Stiefvater einzieht und Brenda sich um ihren Halbbruder sorgen muss, gerät ihr Leben außer Kontrolle …
Vorab eine Triggerwarnung: Dieser Comic beschäftigt sich mit Themen wie häuslicher Gewalt, die sich unter anderem auch gegen Kinder richtet. Wer das nicht erträgt, sollte bitte jetzt schon aufhören zu lesen, ich werde für die Rezension etwas ins Detail gehen müssen.
“Little Mama” von Halim war bisher mein schlimmster Comic. Nicht, weil er schlecht war, sondern weil er auf einer emotionalen Eben sehr schockierend und ergreifend gewirkt hat. Ich hatte wirklich Mühe, mich zum Weiterlesen zu zwingen, weil ich beim Lesen so eine unfassbare Wut, Trauer und Verzweiflung im Magen hatte. Allerdings fand ich das Thema zu wichtig, um diesen Comic abzubrechen, weil er sich zudem sehr wahrheitsgetreu und realitätsnäh mit der Ohnmacht befasst hat, die in einer solchen Situation herrschen kann.
Der Comic startet vor Brendas Geburt. Ihre Mutter, die selbst noch ein Teenager ist, hat deutlich damit zu kämpfen, dass ihr Freund sie sitzenlässt. Schon am Anfang von Brendas Leben bekommt man die Verzweiflung mit, die die Familie immer weiter einspinnt, je älter das Mädchen wird. Abgeschoben zur Großmutter, damit die Mutter Party machen kann, geschlagen, wenn sie nicht schlafen will: Brendas Kindheit ist von Gewalt geprägt und niemand tut etwas. In der Schule wird man auf ihre blauen Flecke aufmerksam, aber es wird nicht publik genug gemacht. Auch die Jugendamtmitarbeiterin, die Brendas Fall betreut, darf wegen fehlender Beweise nichts ausrichten.
Es ist unglaublich, wie sehr einen ein Comic zum Weinen bringen kann. Wie bereits erwähnt hat mich dieses Thema und die Darstellung sehr belastet. Auch die Farben des Buches sind sehr gedämpft, werden immer dunkler, und je weiter man mit der erwachsenen Brenda ihre Therapie erlebt, desto schlimmere Geschehnisse kommen ans Licht. Es ist diese Hoffnungslosigkeit, die einen gefangen hält, man möchte helfen, weiß aber nicht wie – und das ist der springende Punkt, weshalb ich dieses Werk vorstellen und ins Rampenlicht rücken möchte.
Es ist kein Geheimnis, dass solche Unmenschlichkeiten täglich passieren – auch in einem Land, das Gewalt in der Erziehung unter Strafe stellt. Und täglich sehen Menschen zu, ahnen etwas, tun aber nichts. Weil ihnen niemand glauben wird, weil ohnehin nichts passiert, oder weil sie einfach nicht wissen, wie sie helfen sollen. Comics wie “Little Mama” sind gerade deshalb besonders wichtig: Sie rütteln auf, regen zum Nachdenken an, und vielleicht, wenn es nur einen Menschen gibt, der dadurch zum Telefon greift, bevor es zu spät ist, erfüllen sie ihren Zweck. “Little Mama” ist definitiv nichts Softes. Es ist schonungslos, brutal und ehrlich. Es tut richtig weh, von Seite zu Seite mehr zu erfahren. Aber gerade weil diese Themen nie aufhören, relevant zu sein, ist es wichtig zu zeigen, was Folgen von häuslicher Gewalt sein können und wie die Kinder ihr ganzes Leben lang drunter leiden.
“Little Mama” war für mich definitiv ein Comic, den ich nicht vergessen werde. Brendas Geschichte hat mich mitgenommen und an den Rand meiner Nerven gebracht, gleichzeitig halte ich es für unheimlich wichtig, darauf aufmerksam zu machen. Weil wir als Menschen, die fühlen und Kinder schützen sollten, nicht wegsehen dürfen. Weil es in unserer Verantwortung liegt, zu helfen.

© Europe Comics, UK
Autor: Halim
Titel: Little Mama
Preis: 9,99€ (E-Book)
Achtung, Listenpreise! Diese können je nach Buchhandlung variieren!
ASIN: B07DRLQXJV
Verlag: Europe Comics
Den Comic beim Verlag findet ihr hier: (X)
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