Nur bei ihm kann ich mich fallen lassen
Hailee DeLuca hat einen Plan: Die Zeit, in der sie sich zu Hause verkrochen und vor der Welt versteckt hat, ist vorbei. Sie will mutig sein und sich all die Dinge trauen, vor denen sie sich früher immer zu sehr gefürchtet hat. Doch dann lernt sie Chase Whittaker kennen – und weiß augenblicklich, dass sie ein Problem hat. Denn mit seiner charmanten Art weckt Chase Gefühle in ihr, die sie eigentlich niemals zulassen dürfte. Und nicht nur das. Er kommt damit ihrem dunkelsten Geheimnis viel zu nahe …
(Quelle: Lyx Verlag)
Das ist wohl die persönlichste Rezension, die ich je schreiben werde. Da bin ich mir ziemlich sicher. Zudem will ich gleich vorweg sagen, dass das hier eher eine Mischung aus Rezension und Booktalk geworden ist und definitiv nicht ohne Spoiler bleiben wird. Für eine spoilerfreie Rezension, die meine Meinung auch ziemlich gut wiederspiegelt, könnt ihr euch Klaudis Rezension ansehen.
Achtung:
Diese Rezension/dieser Booktalk enthält Spoiler für Falling Fast & Flying High.
Ich hatte Falling Fast tatsächlich schon ein oder zwei Tage nach Erscheinen beendet und habe es bis jetzt nicht geschafft, diese Rezension zu schreiben. Das Buch hat mich wirklich sehr beschäftigt und ich wusste lange nicht, wie ich meine Meinung dazu in Worte fassen soll. In den letzten Tagen ist bezüglich dieses Buches einiges hochgekocht, was schlussendlich für mich der Auslöser war, endlich “meinen Senf dazugegeben”.
“Sei mutig, Hailee. Sei mutig.”
Zu allererst möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass ich die Sei-mutig-Kampagne, mit der die Dilogie vor Erscheinen von Falling Fast beworben wurde, wirklich super fand. In meinen Augen hat sie genau das rübergebracht, worum es in Teil 1 der Geschichte von Hailee und Chase geht. Mutig sein. Und damit ist keinesfalls Hailees Suizidversuch am Ende des Buches gemeint, sondern all das, was sie vorher tut. Mutig sein, über ihren Schatten springen, sich neue und verrückte Dinge trauen.
Es war toll im Rahmen der Kampagne zu lesen, was sich manche getraut haben, und auch mir hat die Aktion ein Stück weit mehr Mut gegeben.
Die Geschichte von Hailee und Chase beginnt in Falling Fast eher etwas langsam und es passiert anfangs noch recht wenig. Es dauert auch eine ganze Weile, bis die beiden sich tatsächlich näherkommen. Was ich aber angesichts von Hailees Social Anxiety vollkommen nachvollziehen kann. Es wäre in meinen Augen unlogisch, hätte man die Liebesgeschichte der beiden an dieser Stelle beschleunigt und vollkommen überstürzt.
Fast noch nie konnte ich mich in einen Buchcharakter so hineinversetzen und hab mich so mit ihm verbunden gefühlt wie mit Hailee. Ich konnte ihre Gedanken und teils denen widersprechenden Handlungen nachvollziehen, da ich genau weiß, wie es sich anfühlt, wenn man bei Telefonaten oder Bestellungen ewig mit sich hadert und vorher seinen Text übt. Und wie schwer es mitunter sein kann Fremde anzusprechen. Wie sehr man Handlungen zerdenken kann, bis man sich am Ende gar nicht mehr traut und lieber im Bett verkriechen würde, weil man sich zu viele Gedanken darüber gemacht hat.
Für Menschen, die so etwas nicht kennen, mag Hailees Verhalten manchmal unlogisch wirken, das schließe ich nicht aus. Für mich hat Bianca das jedoch sehr gut getroffen.
Ich finde auch, dass aus Falling Fast deutlich hervorgeht, dass ihre Depression nicht an ihre sozialen Ängste, sondern an ihre Trauerbewältigung gekoppelt sind. Und Trauer erlebt jeder anders, das ist trotz der 5 Phasen der Trauerbewältigung ein Fakt. Auch ihr Sei-mutig-Mantra bezieht sich wie schon erwähnt nicht auf ihren geplanten Suizid, sondern auf die Zeit davor. Die Zeit, die ihr überhaupt noch einen Grund gibt, den Sommer über zu leben. Die Entscheidung hat sie bereits getroffen, sie möchte ihre Schwester wiedersehen, dann und dort, wo sie sich nach dem Sommer wiedergetroffen hätten, bevor Katie starb. Hailee hat ein klares Ziel vor Augen und nutzt die ihr noch bleibende Zeit um das zu tun, wozu ihre Schwester sie schon immer überreden wollte. Eben mutig zu sein. Für mich geht aus Falling Fast ganz klar hervor, dass Hailee das tut, um ihre Schwester stolz zu machen, um der Mensch zu werden und zu sein, den Katie immer in ihr sehen wollte und vielleicht auch schon gesehen hat. Und man merkt ja, dass sie tatsächlich mutig sein will, auch wenn sie und ihre Ängste sich dabei manchmal selbst im Weg stehen.
Daher kommt es auch manchmal zu diesen übereilten und für manche nicht nachvollziehbaren Entscheidungen wie zum Beispiel zu einem völlig Fremden aufs Motorrad zu steigen. Das ist die Sache mit dem Zerdenken, die Hailee auch im Buch anspricht. Was das angeht, ist sie für mich tatsächlich eine Art Vorbild, nicht mehr zu viel über Dinge nachzudenken und auch mal spontan und mutig zu sein. Denn trotz ihrer Pläne fürs Ende des Sommers erlebt sie eine tolle Zeit während ihres Roadtrips.
Chase war ein Charakter, der mir in Falling Fast sehr ans Herz gewachsen ist. Schon sein kurzer Auftritt in Die letzte erste Nacht hat mir gefallen. Ich liebe es, dass er keiner dieser Bad Boys ist. Und ich finde es wirklich toll, wie er mit Hailee umgeht. Er ist freundlich, zuvorkommend und bedrängt sie in keiner Weise. Solche Kerle gibt es in meinen Augen in Büchern leider viel zu selten, was ich ein bisschen schade finde. Denn wie man an Falling Fast sieht, braucht man nicht immer zwingend einen Bad Boy für eine tolle Liebesgeschichte.
Und die Liebesgeschichte zwischen Hailee und Chase ist wirklich schön. Süß, nett und romantisch. Und ich finde, das muss auch mal sein. Denn auch solche Story haben viel zu bieten.
Suizid als Cliffhanger?
Ja, das Buch endet mit Hailees Suizidversuch bzw. mit ihrem Abschiedsbrief, den Chase findet. Ich sage bewusst Versuch, denn ob sie am Ende des Buches stirbt oder nicht, steht auf keiner Seite geschrieben. Aber seien wir mal ehrlich: Es ist eine New-Adult-Dilogie (die übrigens auch immer und überall als eine solche beworben wird, sogar im Buch selbst, es sollte also jeder mitbekommen haben), die mit “Die große Liebesgeschichte von Hailee & Chase” betitelt wird. Warum sollte einer von beiden in Band 1 sterben? Und selbst wenn, ich sag ja nicht, dass so was nie der Fall ist, der Klappentext von Band 2 verrät, wie Falling Fast endet. Wenn man also will, sind die Möglichkeiten, das Ende rauszufinden, durchaus gegeben.
Und, manchmal habe ich das Gefühl, dass manche das vergessen, ein Buch ist noch immer ein Unterhaltungsmedium. Cliffhanger sind dabei eben hin und wieder notwenig, findet man schließlich bei so gut wie jeder Reihe. Logisch, man will ja auch Folgeteile verkaufen als Herausgeber.
In diesem Licht betrachtet, ist das durchaus ein gutes Ende für einen ersten Band. An all die Stimmen da draußen, die sich einen Epilog oder das erste Kapitel von Band 2 gewünscht haben: Ich bin sicher, dann hätte es auch wieder etwas auszusetzen gegeben. Egal, was in diesem Zusatz passiert wäre. Es ist nun mal ein heikles Thema, das ist wahr, aber ich finde, dass sowohl die Autorin als auch der Verlag gut damit umgegangen sind, und ich finde auch, dass man nicht sagen kann, dass Hailees Suizid als Cliffhanger “ausgenutzt” wurde. Er gehört eben in die Storyline der Dilogie und irgendwo muss man ein Buch nun mal auch cutten.
Natürlich gibt es Menschen, die ein solches Ende weniger gut verkraften. Aber für genau solche Situationen existiert auch die Triggerwarnung, die ich hier sehr schon gelöst finde. Ja, sie steht hinten im Buch, aber vorne steht ganz klar der Hinweis darauf mit Seitenzahlangabe. Wer sie lesen (und sich spoilern lassen) möchte, kann das tun, alle anderen bleiben davon unbehelligt. Eine solche Warnung ist sinnvoll und ich finde sie sehr wichtig, aber man muss auch immer bedenken, dass es auch Leser gibt, die das nicht vorher wissen wollen. Daher an dieser Stelle mein Lob an den Verlag: Ich finde, ihr habt das echt gut gemacht
Ein wirklich gutes Buch
Mir ging Falling Fast wirklich zu Herzen und ich gehöre zu den Menschen, die vorab die Triggerwarnung gelesen haben. Aber auch wenn das Buch in mir gemischte Gefühle ausgelöst hat, fand ich es wirklich gut und toll geschrieben, sodass es für mich definitiv mit zu den besten Büchern meines Lesejahres gehört.
Die gemischten Gefühle rühren daher, dass ich es in manchen Situationen sehr realistisch fand. So realistisch, dass ich mich oftmals selbst darin wiedergefunden habe, nicht nur in Hailees Charakter. Manche Gedanken und Gefühle, die mich beim Lesen begleitet haben, kann ich noch immer nicht ganz in Worte fassen, weil es mir unheimlich schwer fällt, über gewisse Dinge zu sprechen. Dennoch bin ich froh über die Art und Weise, wie mit den sensiblen Themen im Buch umgegangen wird.
Solche Situationen und psychische Krankheiten sind so unterschiedlich, dass man mit einem Buch und einer Geschichte gar nicht alle ansprechen und jeden abholen kann, denn Schicksale wie diese nehmen oft unterschiedlichste Wege. Für mich war dieses Buch der richtige Weg, der richtige Umgang und darüber bin ich wirklich glücklich. Ich hab mich mit meinen “Problemen” verstanden gefühlt in Falling Fast.
An dieser Stelle möchte ich nicht hergehen und sagen, dass man das nicht auch anders sehen darf, damit würde ich anderen, die vielleicht ebenso betroffen sind, ihre Meinung absprechen und das wäre nicht richtig.
Man darf auch gerne sagen, dass man anderer Meinung ist, wenn es um den Umgang des Buches mit den sensiblen Theman geht. Aber im Fall von Falling Fast fände ich es unangebracht zu behaupten, dass das Buch falsch mit Depression, Suizid & Co. umgeht. Denn das wäre allen Sensitivity Readern und Lesern, die sich verstanden fühlen, ein Schlag ins Gesicht. Und grade als Betroffener sollte man sich vorstellen können, wie sich das anfühlt. Schließlich wird man damit oft genug konfrontiert in unserer Gesellschaft, in der psychische Krankheiten noch immer teilweise belächelt werden.
Für mich ist Falling Fast ein Buch, das mir auch nach dem Lesen noch unglaublich viel bedeutet. Ich bin mit meiner eigenen Situation nicht übermäßig gehyped auf Flying High und bin auch nach dem Lesen von Falling Fast nicht in Jubelgesänge und Lobpreisungen ausgebrochen, weil das Buch mich ziemlich am Boden der Tatsachen hielt und mich eventuell auch ein wenig getriggert hat. Aber zum Glück steht es jedem frei, Bücher auch abzubrechen. Ich habe es nicht getan. Habe mir allerdings schon viele Gedanken darüber gemacht, ob ich Flying High wirklich lesen möchte. Nicht, weil es schlecht werden könnte, sondern weil das, was kommt, mich stärker triggern könnte, als Falling Fast es getan hat.
Autor: Bianca Iosivoni
Titel: Falling Fast
Preis: 9,99€ (E-Book) | 12,90€ (TB)
ISBN: 978-3-7363-0839-8
Verlag: Lyx
Das Buch findet ihr beim Verlag.
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